Naomi Thessaloniki ist online
Die Geschichte von Naomi Thessaloniki
Vorgeschichte: Mitglieder der Ev. Kirche deutscher Sprache Thessaloniki begannen im Jahr 2011 mit der Flüchtlingsarbeit. Zunächst in einem inoffiziellen Haus Nahe dem Stadtzentrum, als „Xenonas“ bekannt. Dort waren in 17 Zimmern Familien u.a. aus Afghanistan, Syrien und Afrika untergebracht. Das Ziel war die Gewährleistung humanitärer Hilfen für (Kriegs-) Flüchtlinge: Versorgung mit Nahrungsmitteln, Gesundheits- und Hygieneartikeln sowie mit anderen persönlichen Dingen. Eine Grundversorgung gab es nur in Form einmaliger Mahlzeiten pro Tag durch die Stadtküche, was nicht für alle Bewohner/innen ausreichte. Die Wartezeiten auf einen Asylbescheid waren sehr lange und dauerten bis zu 10 Jahre. Das Gebäude wurde gewartet und Reparaturen wurden durchgeführt. Zusammen wurden Feste gefeiert, Filmabende veranstaltet und Ausflüge und regelmäßige Hausversammlung mit allen BewohnerInnen und den zahlreichen griechischen UnterstützerInnen durchgeführt. Damals begann Mieke Sellin mit Nähkursen für Frauen und bald schon mit einer kleinen Produktion von hochwertigen Taschen.
Diese Arbeiten im Xenonas wurden insbesondere durch das GAW Leipzig und die Frauenarbeit im GAW[1] unterstützt.
Als im Winter 2014 klar wurde, dass das Haus Xenonas nicht zu halten war, wurden die Bewohnenden in vielen Gesprächen darauf vorbereitet, freiwillig auszuziehen. Einige suchten daraufhin einen Ausweg nach Europa, andere bekamen Unterstützung von uns bei der Anmietung einer Wohnung in Thessaloniki.
Die NAOMI Werkstatt: Im Frühjahr 2014 musste die Arbeit somit neu gestaltet und neue Räumlichkeiten mussten gesucht werden. Es wurde eine Werkstatt in einem alten Fabrikgebäude gefunden, das zu einem großen Teil von verschiedenen anderen NGOs genutzt wird sowie von Textilbetrieben. Diese Nachbarschaft zu NGOs mit vergleichbaren Zielgruppen ist für alle Beteiligten wertvoll und es haben sich vielfältige Kooperationen ergeben.
Seit Mai 2014 ist nun diese Werkstatt in Betrieb. Es wurde ein Kursprogramm entwickelt, für das heute Elke Wollschläger, Textilingenieurin, verantwortlich ist. Nähkurse, Kurse in Handarbeit und Schmuckproduktion, sowie Deutschkurse werden angeboten. Die Produktion von Designer Taschen und Schmuck und afrikanischen Flechtarbeiten weitet sich seitdem aus. Ziel ist es, dass die Teilnehmenden, zumeist Frauen, sich ein Taschengeld verdienen und sich selbst nutzbringend einsetzen können und so ihre Integration und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gefördert wird. Die NAOMI „Groß-Familie“ rund um die Werkstatt umfasst derzeit 30 Familien aus 7 verschiedenen Ländern, zumeist AsylbewerberInnen und Flüchtlinge mit Schutzstatus. Ein eigener Chor und Massagekurse sollen demnächst zusätzlich eingerichtet werden. In Zukunft soll das Programm weiter ausgeweitet und die Flüchtlinge auf eine stabile Beschäftigung am griechischen Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Der Verkauf der Produkte kann jetzt über die neu gegründete Gesellschaft erfolgen und dadurch voraussichtlich auch verstärkt werden.
Patenschaften und Freiwilligendienste: Einzelne kinderreiche Familien und allein erziehende Mütter werden zudem individuell von einer Gruppe NAOMI-Freiwilliger betreut und finanziell unterstützt bei der Zahlung von Mieten, Strom, und Schulmaterialien oder Kosten für das Asylverfahren. Die soziale Betreuung dieser Zielgruppe durch Fachpersonal liegt beim Griechischen Flüchtlingsrat. Es fehlt bisher an einer professionellen Anleitung und Stützung der Freiwilligen in ihrem Dienst. Diese Dienste sollen zudem auch auf andere schutzbedürftige Flüchtlinge ausgeweitet werden, die nicht zur NAOMI Familie gehören.
Die Werkstatt wird zu einem großen Teil mit Hilfe des Diakonischen Werks Württemberg und durch private Spenden finanziert. Die NAOMI Werkstatt ist derzeit die einzige Einrichtung in der Stadt die Ausbildung und Beschäftigung von Flüchtlingen fördert.
Seit Ostern 2015 hat sich aufgrund der politischen Situation ein neuer Schwerpunkt herausgebildet: Nothilfen für Transitflüchtlinge zuerst in Thessaloniki und dann in Idomeni an der Grenze zu Fyrom:
Im Sommer wurden Medikamente und Lebensmittel finanziert und über eine Gruppe Freiwilliger aus Polikastro, der Kreisstadt an der Grenze, dann an die Flüchtlinge verteilte.
Ab Oktober 15 wurden Hilfssendungen der NGO Oikopolis mitfinanziert und ab Dezember dann zusammen mit dieser und dem Club der Chefköche von Nordgriechenland eine Küche direkt im Lager in Idomeni eingerichtet. Es begann mit 1500 Portionen pro Tag, weitete sich aber schon bald aus. NAOMI übernahm die Anschubfinanzierung dank Zuwendungen durch das Diakonische Werk der Württembergischen Landeskirche. Oikopolis organisierte die Spenden von Nahrungsmitteln und koordinierte die vielen Freiwilligen, die täglich 75km dorthin fuhren und die Portionen in Behälter verpackten und einem Verteilungspunkt der NGO Praksis zuführten.
[1] Gustav Adolf Werk Leipzig