Die Straßen von Thessaloniki
Stolz holt der Mann mit dem krummen Rücken seinen Pappkarton aus dem Gebüsch und schon haben wir am Parkrand eine Behandlungsliege. Unsere kapitulierte schon am ersten Tag unter dem Gewicht der Sitz- und Schaulustigen unseres “Wartezimmers”. Die neben uns haben sogar gemeinsam eine Decke. Wenn die Gesichter nicht so bedrückt wären und es auch etwas zu essen oder trinken gäbe, könnte man an ein Picknick denken. Die Kinder scheint das ewige Warten, Laufen, immer wieder dursten und hungern, auf dem Boden schlafen, die Verzweiflung und Angst ihrer Eltern spüren, vielleicht Eltern oder Geschwister verlieren, nichts auszumachen, so wie sie, ganz im Hier und Jetzt selig auf der Schaukel schwingen. Die meisten waren schon einige Male bis nach Mazedonien oder Serbien gekommen, haben sich die Füße wund und die Schuhe kaputt gelaufen und warten hier auf den Straßen und den Parks von Thessaloniki auf den nächsten Versuch. Ein Zurück gibt es nicht, in die Lager möchten sie nicht. Als Afghaner werden sie regelmäßig in Bussen abtransportiert. In Softex gibt es schon keine mehr, nachdem vor einigen Tagen mehrere Hundert gleichzeitig in Busse gesteckt und weg gefahren wurden. Man weiß nicht so genau wohin, wahrscheinlich in die Türkei. Zum Glück gilt hier das gleiche System wie auf Lesbos oder Chios. Die Ertrunkenen und auf der Strecke Erwischten brauchen nicht zu zahlen.
Khalil Kerma